Schnupperkurs "Natürliche Pferdefütterung"
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Schnupperkurs "Natürliche Pferdefütterung"
in Schnupperkurse 17.04.2017 12:16von Birte Bernitt • | 8.551 Beiträge | 8543 Punkte
Heu sollte nach der Blüte, aber vor dem Aussäen geerntet werden. Dieser erste Schnitt ist für die Pferdeernährung am wertvollsten. Es hat einen hohen Rohfasergehalt und weniger Eiweiß als im Aufwuchs. Wartet man nun zu lange mit der Ernte gehen die wertvollen Samen der Gräser verloren, die viele lebensnotwendige Fettsäuren enthalten. Außerdem verholzen die Gräser und der Vorgang der Verrottung beginnt bereits.
Der optimale Erntezeitpunkt nach der Blüte - vor dem Aussäen hat auch das beste Calcium-Phosphor-Verhältnis. Über die Zusammenhänge Calcium-Phosphor werden wir noch ausführlich sprechen. Der Calciumanteil ist nun im Gras schön hoch und damit für Pferde recht günstig.
Wurde das Heu vor der Blüte geerntet, so hat es einen zu geringen Rohfaseranteil und einen hohen Eiweißanteil. Das Pferd muss nicht viel kauen, schlingt das Heu in sich hinein. Durch Eiweißüberlastung kann es zu Stoffwechselerkrankungen kommen. Verdauungsbeschwerden stellen sich relativ schnell und häufig ein. Es hat allerdings sehr viele Spurenelemente, die bei weiterem Aufwuchs verloren gehen. Das sollten wir einmal im Kopf behalten.
Heu sollte natürlich gut getrocknet eingelagert werden. Wenn das Heu einmal Regen abbekommt ist das noch nicht so dramatisch, aber regnet es mehrmals ein und die Trocknung dauert länger als eine Woche, dann ist es von den Nährwerten her nicht mehr optimal. Außerdem ist es dann ein Reservoir für Schimmelpilze.
Schimmelpilze sind sicher der schwierigste Punkt bei der Heuernte. Man kann auch gut aussehendes Heu erwerben, welches dennoch stark kontaminiert ist. Mit dem bloßen Auge ist der Schimmel gar nicht immer zu erkennen. Wir entdecken ihn erst, wenn das Heu auch noch eine entsprechende Restfeuchte hat und dann den weißen pilzigen Befall bildet. Aber was ebenso gefährlich ist, sind die Pilzsporen, die man in trockenem Heu schwer erkennt. Wir haben hier einmal die Möglichkeit, das Heu sehr genau halmweise unter die Lupe zu nehmen. Wir erkennen Schimmelsporen an den schwarzen Punkten auf den Halmen. Wir können dann auch erkennen, wie sich Schimmel sehr schnell bildet, wenn wir von diesem Heu ein Büschel anfeuchten und beobachten. Schnell stellt sich der weiße Pilzbelag ein, denn erst bei entsprechender Feuchtigkeit und Wärme kann sich der Pilz entwickeln. Ansonsten kann er lange Zeit unentdeckt auf günstiges Klima warten.
Wir sehen die Pilzsporen nicht, das Heu sieht gut aus und duftet auch frisch. Trotzdem kann das Heu kontaminiert sein und wir können so rein gar nichts dagegen machen. Immer wieder kommt es vor, dass Pferde aufgrund von kontaminiertem Heu erkranken. Ganz akut oder auch chronisch, je nach Befall und Art der Pilze. Ein Risiko haben wir immer. Es gibt nur die Möglichkeit das Heu vor der Verfütterung in einem Labor testen zu lassen. Das ist nicht so teuer, es wäre ein Weg um dieses Risiko zu verringern. Ich würde das auch machen, wenn z.B. Blutproben ergeben dass die Pferde schlechte Leberwerte haben und man sich diese nicht erklären kann.
Wo kommen diese Pilze überhaupt her? Es gibt auf der Weide viele Symbiosen zwischen Gräsern und Pilzarten. Die Pilze können somit die Gräser beim Wachstum unterstützen und sie können auch dafür sorgen, dass Gräser nicht so sehr anfällig sind für Stressfaktoren wie z.B. längere Trockenzeiten. Auch als Fressschutz unterstützen Pilze die verschiedenen Gräser und dies gilt nicht nur für Insekten, auch Säugetiere meiden einige Gräser, wenn diese durch bestimmte Pilzarten geschützt sind. Da dies für die Gräser sehr positive Effekte sind, hat man dies auch bei Züchtungen der Gräser ausgenutzt. Es gibt also inzwischen Grassaaten, die ihren Schutzpilz bereits eingelagert haben. Schrecklicher Gedanke oder? Der Mensch pfuscht da mal wieder der Natur ins Handwerk...aber Gras soll schließlich kräftig wachsen.
Was die Saatgutproduktion als Vorteil sieht, ist für Tierhalter eine Sorge mehr. Nicht alle Pilze bilden Gifte und es müssen auch Giftgrenzen überschritten werden, aber wo diese liegen und wie Pferde darauf reagieren können ist noch nicht sehr genau erforscht. Derzeit gibt es nur die Vermutung, dass auch die Gifte von Pilzsymbionten der Gräser für Hufrehe und andere Stoffwechselerkrankungen Auslöser sein könnten.
Wo kriegen wir es also her unsere Heu. Die meisten versuchen natürlich Heu in der nahen Umgebung zu bekommen, denn Transporte sind teuer. Heu ist sowieso schon sehr teuer geworden. Hier bei uns im Norden sind viele Flächen des Maisanbaus zum Opfer gefallen, um die Biogasanlagen zu beschicken. Grünflächen und damit Heuernte ist also damit plötzlich nicht mehr im Überfluss vorhanden, sondern Mangelware. Die Nachfrage aber ungebremst hoch. Während kleine Ballen so gut wie gar nicht mehr gepresst werden, muss man meistens mit großer Rund- oder Quaderballen vorlieb nehmen. Sie sind zwar etwas günstiger als kleine Ballen, sind jedoch tatsächlich immer auch ein "Überaschungspaket" Was von außen noch gut aussieht, muss innen drin nicht ebenso sein. Kleine Ballen nicht zu fest gepresst, um eine gute Schwitzphase - die Fermentierung - zu ermöglichen, sind damit fast Wunschdenken. Trotzdem sollte man immer schauen, dass Heu nicht zu fest gepresst wird. Durch zu fest gepresstes Heu kann die Restfeuchte nicht entweichen und an genau diesen Stellen pappt das Heu zusammen und kann Schimmel ausbilden.
Wie mache ich es? Ich versuche immer noch kleine Ballen zu bekommen. Bisher hatte ich immer noch zwei Landwirte, die mich beliefern konnten. Die kleinen Ballen sind handlich und für mich persönlich viel besser zu händeln.
Tipp 1: Schaut euch die Wiese an, wo euer Heu gemacht wird. Dann könnt ihr sehen, ob Giftpflanzen vorhanden sind und ob die Gräser entsprechend blühen, die Saat noch enthalten ist.
Tipp 2: Schaut bei der Heuernte vorbei. Wird zu dicht am Boden gemäht, dann wird es leichter staubig. Wie viele Tage darf es trocknen, hat es in der Zeit geregnet. So wird man euch kein Heu schicken, was vielleicht wochenlang zum Trocknen auf den Wiesen lag.
Tipp 3: Versucht Heu von verschiedenen Anbietern zu bekommen. Wir ihr schon selbst festgestellt habt, muss man manchmal nehmen was man kriegen kann. So kann man auch anteilig den 2 Schnitt mit verwenden, wenn die Pferde es gut vertragen. Man kann dadurch auch unterschiedliche Grassorten ergattern. Ich habe z.B. aus einem Augebiet einen Rundballen mit hohem Rohfasergehalt und mische den mit kleinen Ballen aus einem 1. Schnitt, der aber noch immer sehr gehaltvoll ist. Für Hufreheponys nutze ich auch gern abgelagertes Heu vom Jahr zuvor.
Tipp 4: Sagt dem Landwirt immer ihr habt seeeeeeehr empfindliche Pferde und diese benötigen nur absolut gute Qualität. Selten schmeißt euch dann ein Landwirt wirklich Mangelware auf den Hof, weil er Angst hat, dass ihr das Zeugs zurückgehen lasst.
Tipp 5: Lagert Heu nicht unter einer Plastikfolie. Man sieht das immer wieder und fördert damit die Schimmelbildung. Lieber einfach ein Dach und darunter packen. Wenn es dann mal von einer Seite feucht wird, dann trocknet das unter einem luftigen Dach auch wieder. Unter einer Folie kann Heu nicht richtig Ausschwitzen und muffelt vor sich hin. Ein luftiger Boden wäre natürlich optimal. Ich habe eine alte Scheune, wo ich größere Mengen lagern kann. Da ich zu Hause bei meinen Pferden keinen Platz habe, muss ich mit einem kleinen Hänger immer einmal die Woche Nachschub aus der Scheune holen. Aber besser so, als ständig auf Heusuche zu gehen.
Tipp 6: Bei größeren Mengen lohnt sich ein Einkauf von den Inseln oder aus den nahen Osteuropäischen Ländern. Polen und Ungarn liefern gutes Heu. Vergleicht die Preise, manchmal lohnt es sich doch. Auch Heu aus den neuen Bundesländern ist manchmal kostengünstig. Dort gibt es noch mehr Grünflächen als in den meisten alten Bundesländern.
Tipp 7: Spart an allem anderen, aber nicht am Heu. Es ist das Hauptfutter für die Pferde. Heu gut - fast alles andere auch gut.
So, wir haben nun also die Ernte besprochen, den Ankauf, die Lagerung. Wir wissen dass Heu viel Rohfaser enthält und dass wir Pilze kaum mit dem bloßen Auge erkennen.
Das Heu muss eine bestimmte Stengellänge haben, damit das Pferd gut kaut und Speichel produziert. Das Pferd bildet pro Kilogramm Heu etwa 4 Liter(!!) Speichel. Wahnsinn oder? Der Speichel des Pferdes ist sehr wichtig. Er muss die Magensäure abpuffern, denn er ist alkalisch. Wichtig ist daher auch die regelmäßige Futterzufuhr und keine langen Fresspausen. Mit ein Grund warum so viele Pferde Magengeschwüre haben. Kommt also regelmäßig Speichel mit seinem hohen Hydrogencarbonatgehalt in den Magen wirkt das Puffersystem perfekt. Fehlt der Speichel, greift die saure Magensäure auch irgendwann die stärkste Magenschleimhaut an. Da Speichel in dieser Menge nur beim Raufutter gebildet wird, könnte man kein Pferd mit reiner Kraftfutterversorgung gesund erhalten.
Daher muss man auch bei einem alten Pferd schauen, dass es irgendwie einspeichelt. Manche alte Pferde kauen auf dem Heu rum und spucken dann die Knäuel nach einer Zeit wieder aus. Die Gefahr einer Schlundverstopfung besteht jedoch bei beabsichtigtem oder auch unbeabsichtigtem Abschlucken dieser Heuknäuel. Manche alten Pferde können kurzes Gras noch ganz gut fressen und kauen darauf ausreichend herum. Man muss nur mal im Hinterkopf behalten wie wichtig der Speichel des Pferdes ist. Beim Kraftfutter reduziert sich der Speichel bei einem Kilogramm um mehr als die Hälfte.
Heu ist sehr kaliumreich. Kalium ist das Element, welches wir IN der Zelle sehr stark benötigen, während sein Gegenspieler Natrium vor allem AUSSERHALB der Zelle benötigt wird. Es ist sehr wichtig und muss stets in ausreichender Menge zugeführt werden. Ein Kaliummangel macht sich innerhalb weniger Tage bemerkbar - Kraftlosigkeit ist die Folge. Eine ausreichende Kaliumversorgung ist außerdem der beste Schutz vor nervlicher Übererregung. Daher immer schauen, ob ein Hippelpferd ausreichend Heu zur Verfügung steht. Oftmals kann man allein damit schon unterstützen. Damit Kalium auch immer schön in die Zelle hinein gelangt benötigt es jedoch ein Enzym - das Adenosyntriphosphat und damit dieses wiederum seiner Arbeit nachgeht, benötigt es ausreichend Magnesium. Hier fangen schon bei der einfachsten Versorgung die Bedürfnisse der Elemente untereinander an. Ein Pferd mit Magnesiummangel kann daher auch nervös erscheinen, weil es das Kalium aus dem Heu nicht in seine Zellen hinein bekommt. Pferde mit Magnesiummangel zeigen daher Angstzustände, sind verspannt, da Magnesium auch für die Muskelarbeit benötigt wird.
Zeigt ein Blutbild Magnesiummangel an, dann sind auch bereits die Puffer aus Knochen und Zähnen angegriffen. Erhöhter Bedarf an Magnesium besteht auch bei jeder Stresssituation. Mit sehr gutem Heu kann man den Magnesiumbedarf schon fast erfüllen. Ein guter Magnesiumlieferant ist Leinsamen. Auf ihn kommen wir noch zu sprechen, denn er ist in der natürlichen Pferdefütterung Gold wert! Denkt auch daran, dass Schmerzen eine Stresssituation ist und so kann ein erhöhter Bedarf an Magnesium auch bei vielen Erkrankungen vorhanden sein. Auch das Sommerekzem bedeutet durch den ewigen Juckreiz Stress für das Pferd. Pferde, die im Sport gehen benötigen meist ein Magnesium-Zusatzfutter.
LG Birte
www.pferdekraeuterhexe.de
RE: Schnupperkurs "Natürliche Pferdefütterung"
in Schnupperkurse 01.05.2017 20:41von Raab Manuela • | 119 Beiträge | 119 Punkte
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